
Es ist eine Extremsituation – nicht nur für Augenzeugen, sondern auch für Einsatz- und Rettungskräfte: Ein Mann erschießt am Samstag eine Frau im Megamax-Laden in Markdorf und rennt dann aus dem Laden davon.
Laut Polizei besitzt er einen albanischen Pass und war zur Tatzeit betrunken. Wann hat der Wecker geklingelt? Und wie lange hat die Polizei gebraucht, um dorthin zu gelangen? Die „Schwäbische Zeitung“ rekonstruiert den zeitlichen Ablauf.
Samstagabend, gegen 17 Uhr: Nur wenige Stunden sind vergangen, seit ein 47-Jähriger im Geschäft in der Markdorfer Hauptstraße seine noch lebende Ehefrau – eine Ladenangestellte – erschossen hat.
Michael (Name von der Redaktion geändert) kehrt an den Ort zurück, an dem er in der Nacht Dinge gesehen hat, die er wohl sein Leben lang nicht vergessen wird. „Eigentlich möchte ich nur eine Kehrschaufel kaufen“, sagt er. Auf der Baustelle war es jedoch spät nach 13 Uhr, und die Leute dort sagten, ein Mitarbeiter sei erschossen worden.
Der Mann ruft mehrmals die Polizei
Er sah viel Blut – und rief die Polizei. “Mir wurde gesagt, dass sie bereits benachrichtigt wurden”, berichtet er. Dann verging die Zeit. Michael ging auf den Parkplatz vor dem Geschäft und versuchte, mit den geschockten Mitarbeitern fertig zu werden.
Schließlich rief er erneut die Polizei an, weil er und andere Anwesende schockiert waren, wie lange es dauerte, bis die Rettungsdienste endlich am Tatort eintrafen.
Auf Anfrage nimmt die Polizei Stellung zu dem Sachverhalt. Die Zeit zwischen dem Auslösen des Alarms und dem Erreichen des Einsatzortes lag innerhalb der normalen Grenzen für einen solch riskanten Einsatz.
„Es wurde bereits gesagt, dass gerade in Extremsituationen die Wahrnehmung von Zeugen oft stark von den aktuellen Ereignissen beeinflusst wird und daher nicht immer verlässlich ist“, sagt Oliver Weiss Flug, vom Polizeipräsidium Ravensburg, Dolmetscher
Der erste Notruf ging um 13.05 Uhr ein
Die Polizei hat ihre Unterlagen überprüft. Demnach ging um 13.05 Uhr der erste Notruf bei der Polizei ein. „Einige Zeit später wurden mehrere Streifenpolizisten nach Markdorf alarmiert“, berichtet Weißflog.
Es ging um Polizisten aus den Landkreisen Überlingen und Friedrichshafen, die gegen 13.20 Uhr in Markdorf eintrafen. Sie hielten kurz in der Nähe des Ladens an, “um sich mit zusätzlicher Schutzausrüstung für den Einsatz von Schusswaffen auszustatten und das Vorgehen abzustimmen”, sagte ein Polizeisprecher.
„Die Situation war äußerst gefährlich, da der Einsatz von Waffen bestätigt wurde, sodass ein unvorsichtiger ‚Sturm‘ in der Situation ohne Abstimmung nicht erkannt wurde“, betonte der Polizist. Das Risiko einer Eskalation – einschließlich einer möglichen Geiselnahme – sollte minimiert werden.
24 Minuten später ist die Polizei im Laden
Zudem sei die Schaffung einer „ballistischen Zusatzausrüstung“ notwendig, damit Polizisten bei einem drohenden Brand „in ihrer Handlungsfähigkeit nicht gefährdet“ seien. Die Polizei erfuhr von Zeugen, dass der Schütze den Laden bereits verlassen hatte – auch dieser war in die Lagebeurteilung eingebunden.
„Allerdings kann nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sich weitere bewaffnete Männer in dem Objekt befanden“, sagt Weißflog.
Im Einsatzprotokoll wird vermerkt, dass Polizisten um 1.29 Uhr „schwer bewaffnet“ in das Gebäude eindrangen. Zunächst würden sie dann „die für den Einsatz der Rettungskräfte notwendige Sicherheit herstellen“, berichtet ein Polizeisprecher.
„Aus Gründen des eigenen Schutzes wurden Rettungskräfte – wie in solchen Situationen geplant und zwischen Blaulichtorganisationen abgestimmt – erst verfolgt, nachdem die Polizei die Situation für sicher befunden hatte“, sagt er. Dies hätte zwar zu zusätzlichen Verzögerungen geführt, musste aber zum Schutz der Hilfskräfte in Kauf genommen werden.
Eine Frau kann nicht gerettet werden
Laut Polizeiprotokoll betraten die Einsatzkräfte fünf Minuten später, um 13.34 Uhr, den Laden.
Doch auch wenn die Sanitäter und das Unternehmen längst im Geschäft waren – für die 44-Jährige kam jede Hilfe zu spät: „Nach den vorläufigen Obduktionsergebnissen hätte die Frau auch bei sofortiger Vollstreckung nicht gerettet werden können Arzt aufsuchen. Die inneren Verletzungen waren irreversibel“, sagt Oliver Weissflug.